Beschreibung
Ziel des vorliegenden Buches ist die Verschaffung eines Verständnisses für das islamische, schariakonforme Bankwesen. Dafür müssen zunächst die wirtschaftsethischen Grundlagen und Ursachen für die Restriktionen von Muslimen im Umgang mit ihren Finanzen beleuchtet werden die größtenteils in der heiligen Schrift der Muslime - dem Koran - liegen. Es wird ein Überblick über bereits vorhandene islamische Finanzinstrumente gegeben. Diese werden nach konventionellem und ökonomischem Verständnis in Eigen- und Fremdkapital untergliedert. Zuletzt werden Chancen für westliche Finanzinstitute aufgezeigt die in der Berücksichtigung dieses, wachsenden wirtschaftsethischen Zweig liegen.
Autorenportrait
Christoph Biermeier, MSc, wurde 1984 in Paderborn geboren, studierte nach dem Zivildienst auf einem klösterlichen Schulbauernhof Finanzwissenschaften in Frankfurt, London und Karlsruhe. Derzeit fließt sein Wissen daraus in eine Promotion über die Finanzierung der Katholischen Kirche in Deutschland. Parallel dazu ist er seit 2004 bei der Deutschen Bank tätig und hat in Düsseldorf, Frankfurt, New York und Singapur in der Unternehmensfinanzierung und Konzernentwicklung gearbeitet.
Leseprobe
Textprobe:Kapitel 2, Wirtschaftsethische Grundlagen des Islamic Bankings:2.1, Der Koran und die Hauptprinzipien des islamischen Umganges mit Geld:Das wirtschaftliche Hauptprinzip des Islams ist die gegenseitige soziale Verantwortung. Sie wird im Arabischen Takaful al-ijtimaiya genannt. Nach diesem Prinzip muss jedes Geschäft für alle Beteiligten einen Nutzen bringen. Dadurch soll garantiert werden, dass keine der Parteien einer finanziellen Transaktion ausgenutzt wird. Aus diesem Prinzip der Kooperation und der Verantwortung resultiert die Pflicht, Besitztümer zum Wohle der Gemeinschaft zu verwenden. Die religiöse Gemeinschaft ist für Muslime das höchste Gut und wird als Umma bezeichnet. In der islamischen Kultur nimmt der Koran eine zentrale Position ein und übt folglich einen starken Einfluss auf die ganze Gesellschaft und auch auf das Wirtschaftsgeschehen aus. Für gläubige Muslime ist der Koran die Offenbarung Gottes und gilt darum als heilige Schrift. Die Sammlung von Suren und Versen fungiert auch als politische Verfassung und als generelle wirtschaftsethische Anweisung. Im Islam gibt es keine Trennung zwischen Glaube und Recht. Kurzum ist der Koran die wichtigste Grundlage für alle Betrachtungen einer islamischen Ökonomie. Des Weiteren resultieren einige Ver- und Gebote des Islams, die auch direkten Einfluss auf die Wirtschaft haben, aus der Sunna. In der Sunna sind alle Aussagen und Taten des Propheten Mohammeds zu seiner Lebzeit aufgezeichnet.Die wirtschaftsethischen Grundlagen für das islamische Bankensystem stammen ebenfalls aus dem Koran. Darüber hinaus finden sich Anhaltspunkte in der Scharia und in den religiösen Urteilen - Fatwas - der islamischen Rechtsgelehrten. Grundmerkmale des islamischen Bankings sind das Zinsverbot und die Risikobeteiligung. Beide finden ihren Ursprung in weiteren sozialethischen Überlegungen und im Koran.Das islamische Banksystem hat sich unter ethischen Besonderheiten eigenständig entwickelt. Es hat Wege gefunden, auch ohne Zinszahlungen solche Finanzdienstleistungen anzubieten, die bei konventionellen Transaktionen Zinszahlungen beinhalten. Die Beteiligungsfinanzierung ist integraler Bestandteil des Systems. Dementsprechend profitieren idealtypisch alle Parteien bei Banktransaktionen und sind gemeinschaftlich dafür verantwortlich, dass das jeweilige Ziel erreicht wird. Außerdem untersagt der Islam jede Art von Ausbeutung. Es soll stetige Gerechtigkeit zwischen Financier und Unternehmer herrschen. Mit diesem Verständnis geht einher, dass das Horten und Verschwenden von Vermögensgegenständen untersagt ist, denn was gehortet oder verschwendet wird, kann nicht zu einem größtmöglichen sozialen Nutzen führen.In einem Aufsatz umschreibt Professor Elmar Waibl diesen Sachverhalt mit den Worten, der Islam fordere stets einen Mittelweg zwischen Geiz und Verschwendung2.2, Die Scharia - Das Islamische Rechtsverständnis:Der Begriff Scharia bedeutet sinngemäß der breite Weg, der in der Wüste zur Wasserstelle führt. Nur wenn der Reisende sich an den [Anm. des Verf.: Ihn, hier Allah] hält, kann er überleben, sonst verirrt er sich und stirbt elend. In einem wirtschaftsethischen Kontext lässt sich Scharia als islamisches Recht übersetzen. Sie gilt ebenfalls als durch Gott (Allah) gegeben und existiert nicht in schriftlicher Form. Die Hauptgrundlagen lassen sich als Querverweise im Koran und in der Sunna finden. Die Scharia kann durch islamische Rechtsgelehrte nur interpretiert aber nicht modifiziert werden. Mit der Scharia wird ausgedrückt, dass gläubige Muslime am Jüngsten Tag nichts zu befürchten haben. Ungläubige und Menschen, die die Scharia missachten, werden dagegen am Jüngsten Tag bestraft. Dieses Verständnis gilt für sämtliche Belange des gesellschaftlichen Lebens. Praktizierende Muslime müssen ihr ganzes Leben auf die Scharia ausrichten. 2.2.1, Scharia-Überwachungskomitees bei Banken:Im Zusammenhang mit dem islamischen Bankensystem kommt der Schariakonformität eine zentrale Bedeutung zu. Die Bezeichnung schariakonform kann als eine Art Gütesiegel gesehen werden. Ein Finanzprodukt kann dieses Gütesiegel erlangen, wenn es von dem zuständigen Scharia-Überwachungskommitee einer Bank (engl. Shariaa Supervisory Board) auf seine Übereinstimmung mit dem islamischen Recht überprüft worden ist. Ebenso kann eine Bank in ihrer Gesamtheit auf Schariakonformität überprüft werden. Dieses kann sie durch einen Prüfungsvermerk des Komitees in ihrem Geschäftsbericht dokumentieren. Die Scharia-Überwachungskomitees erfüllen zwei Hauptaufgaben: 1. die Überprüfung bestehender Finanzprodukte und Dienstleistungen in Bezug auf ihre (aktuelle) Schariakonformität und,2. die Unterstützung bei der Entwicklung neuer und der Rekonstruktion vorhandener Finanzprodukte und Dienstleistungen. Dazu unterstützen sie potentielle Kunden und deren Banker bei der Strukturierung von individuellen, schariakonformen Banktransaktionen.Die Komitees lehnen einen Produktvorschlag nur ab, wenn er nicht schariakonform ist. Gleichwohl können sie darüber hinaus stets Meinungen und Bedenken zu einem Produkt äußern.Dazu gibt es genaue Vorschriften über die Zusammensetzung der Scharia-Komitees. Ein Komitee muss aus mindestens drei Mitgliedern bestehen und diese müssen entweder islamische Rechtsgelehrte oder islamische Finanzexperten sein. Grundlegende Bestimmungen für die Errichtung des Kontrollausschusses liegen oftmals in der Satzung der Bank(-tochter). Dazu finden sich in der jeweiligen Jurisdiktion, in der sich die Bank befindet, Auflagen zur Errichtung dieses Ausschusses.2.2.2, Scharia-Überwachungskomitees im Vergleich zur BaFin:Es wird deutlich, dass den Komitees eine hohe Verantwortung obliegt; sie müssen die Glaubwürdigkeit einer Bank und ihrer Bankprodukte bewahren. Darüber hinaus lässt sich eine Parallele zur Bundesaufsicht für Finanzdienstleistungen (BaFin) erkennen. Diese prüft in ähnlicher Art und Weise konventionelle Banken und Finanzprodukte in Deutschland auf ihre Gesetzeskonformität. Ein wesentlicher Unterschied zu einem Scharia-Überwachungskomitee besteht jedoch darin, dass im islamischen Bankensystem i.d.R. jedes Finanzinstitut sein eigenes Komitee besitzt, während die BaFin ein zentrales, unabhängiges Institut ist.
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