Beschreibung
Der Eros gilt dem Anderen im emphatischen Sinne, der sich ins Regime des Ich nicht einholen lässt. In der Hölle des Gleichen, der die heutige Gesellschaft immer mehr ähnelt, gibt es daher keine erotische Erfahrung. Sie setzt die Transzendenz, die radikale Singularität des Anderen voraus. Der heutige Terror der Immanenz, der alles zum Gegenstand der Konsumtion macht, zerstört das erotische Begehren. Nicht zufällig heißtSokrates als Geliebter atopos. Der Andere, den ich begehre und der mich fasziniert, ist ortlos. Er entzieht sich der Sprache des Gleichen. Es ist ein Kennzeichen der immer narzisstischer werdenden Gesellschaft von heute, dass der Andereverschwindet fatalerweise unbemerkt. Die Müdigkeitsgesellschaft,in der man erschöpft von sich selbst ist, ohne sichzum Anderen hin befreien zu können, ist eine Gesellschaftohne Eros.
Autorenportrait
Byung-Chul Han, geboren in Seoul, lehrt seit dem Wintersemester 2012/13 an der UDK Berlin Philosophie und Kulturwissenschaft. Han veröffentlichte zahlreiche Bücher, darunter: Müdigkeitsgesellschaft, Topologie der Gewalt, Transparenzgesellschaft, Agonie des Eros und Im Schwarm.
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