Beschreibung
Band XV der Opera Omnia präsentiert bislang unveröffentlichte kirchenpolitische Briefe, Entwürfe, Gutachten und Traktate. Der Faszikel 2 enthält zwei Abhandlungen zur kirchlichen Gewalt und zur Leitung der Kirche. Die 'Epistula ad Rodericum Sancium', auf dem Reichstag zu Frankfurt a. M. am 20. Mai 1442 an den Gesandten des Königs von Kastilien gesandt, entwickelt aus der 'regula doctae ignorantiae' kurz und knapp einen neuen Kirchen begriff, der, anders als der konziliaristisch geprägte der 'Concordantia catholica', die päpstliche Gewalt in den Mittelpunkt rückt und stärkt. Bei der 'Reformatio generalis' handelt es sich um einen Entwurf für eine päpstliche Bulle zur Reform der Kurie und der Kirche von Rom, der über die pragmatische Aufgabenstellung hinaus als Muster für eine 're-formatio' aller Diözesan- und Partikularkirchen gelten soll. Cusanus hat ihn 1459 als Kurienkardinal und Generalvikar des Kirchenstaates verfasst, wohl im Auftrag Papst Pius II., der deshalb auch fiktiv als Handlungssubjekt auftritt. Der in keine der vier Cusanus-Editionen des 15. und 16. Jahrhunderts aufgenommene Entwurf ist in zwei Fassungen überliefert.
Autorenportrait
Nikolaus von Kues (Nicolaus Cusanus) kommt 1401 im heutigen Bernkastel-Kues zur Welt. Nach kurzem Studium der freien Künste in Heidelberg widmet er sich an der Universität Padua dem Kirchenrecht. Nach der Priesterweihe um 1440 wird Nikolaus 1448 zum Kardinal ernannt. 1433 verfaßt Nikolaus auf dem Basler Konzil seine erste grundlegende Schrift De concordantia catholica, in der er als Jurist und Theologe eine neue Ekklesiologie, eine allgemeine Konzils- und Staatstheorie sowie eine darauf aufbauende Reichsreform entwirft. Die erste von Nikolaus zur Veröffentlichung bestimmte philosophisch-theologische Schrift De docta ignorantia ist grundlegend für das Verständnis seines Denkens. Hier entwickelt er seinen berühmt gewordenen Begriff der "coincidentia oppositorum" der theologisch von der Suche nach Gott und philosophisch von der Jagd nach Weisheit geleitet ist. Mit der Einsicht in das Nichtwissen des Wissens distanziert sich Nikolaus von der ontologisch bedingten Erkenntnismetaphysik der Hochscholastik, um ein neuzeitliches Wahrheitsverständnis zu begründen. Nikolaus von Kues verbringt die letzten sechs Jahre seines Lebens am Hofe des Papstes in Rom und stirbt 1464.