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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783446207349
Sprache: Deutsch
Umfang: 246 S.
Format (T/L/B): 2.3 x 20.8 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Norwegen im Sommer 1948: Der fünfzehnjährige Trond verbringt die Ferien in einer Hütte nahe der schwedischen Grenze. Als in der Nachbarsfamilie ein schreckliches Unglück geschieht, entdeckt der Junge das wohlgehütete Lebensgeheimnis seines Vaters. In den Kriegsjahren hatte dieser zusammen mit der Nachbarin politisch Verfolgte über den Fluss gebracht. Und sich dabei für immer in diese Frau verliebt. Noch ahnt Trond nicht, dass er seinen Vater nach diesem gemeinsamen Sommer nie wiedersehen wird.

Autorenportrait

Per Petterson, 1952 in Oslo geboren, ist einer der erfolgreichsten Schriftsteller Norwegens. Seine Bücher erscheinen in zahlreichen Sprachen, für seinen Roman Pferde stehlen (2006) wurde er mit dem Independent Foreign Fiction Prize ausgezeichnet. Bei Hanser erschienen außerdem die Romane Sehnsucht nach Sibirien (1999), Im Kielwasser (2007), Ich verfluche den Fluss der Zeit (2009), für das Petterson den bedeutendsten norwegischen Literaturpreis, den Brage-Preis, den Norwegischen Kritikerpreis und den Preis des Nordischen Rats erhielt, sowie Ist schon in Ordnung (2011), Nicht mit mir (2014) und Männer in meiner Lage (2019).

Leseprobe

Ich roch den Duft von frisch gefällten Bäumen. Er breitete sich von der Straße zum Fluß her aus, erfüllte die Luft, trieb übers Wasser, drang überallhin, und ich wurde davon ganz benommen und wirr im Kopf. Ich war mitten drin. Ich roch nach Harz, meine Kleider, meine Haare und meine Haut rochen noch nach Harz, wenn ich nachts im Bett lag und schlief. Ich schlief damit ein und wachte damit auf und roch es den ganzen Tag. Ich war Wald. Ich lief bis zu den Knien durch Tannenreisig und schlug mit der Axt die Äste ab, wie mein Vater es mir gezeigt hatte: dicht am Stamm, damit nichts mehr herausstach und das Schäleisen behindern, sich verhaken oder denjenigen an den Füßen verletzen konnte, der vielleicht über die Stämme laufen mußte, wenn sich das Floß verfing und im Fluß aufstaute. In einem unwiderstehlichen Rhythmus schwang ich die Axt nach rechts und nach links. Es war schwere Arbeit, es war, als würde von allen Seiten zurückgeschlagen, und nichts wich von selbst, aber das kümmerte mich nicht, ich war erschöpft, ohne es zu merken, und machte einfach immer weiter. Die anderen mußten mich zurückhalten, sie faßten mich bei der Schulter, schoben mich auf einen Baumstumpf und sagten, ich müsse unbedingt eine Weile darauf sitzen bleiben und ausruhen, aber ich bekam Harz an den Po, es kribbelte in den Beinen, und ich machte mich mit einem ratschenden Laut von dem Baumstamm los und griff nach der Axt. Die Sonne brannte, und mein Vater lachte. Ich war wie berauscht. Jons Vater war da und Jons Mutter Teile des Tages mit ihren hellblonden Haaren vor den dunkelgrünen Zweigen, sie kam mit Essen in einem Korb vom Boot zu uns herauf, und ein Mann, der Franz hieß, mit z, war da. Er hatte gewaltige Unterarme, und unten auf dem linken Arm hatte er einen Stern auftätowiert, und er wohnte in einem kleinen Haus direkt neben der Brücke und sah jeden Tag das ganze Jahr hindurch den Fluß vorbeifließen und wußte alles, was es zu wissen gab über das, was auf dem Wasser geschah. Und mein Vater und ich und Brona waren da. Jon war nicht dabei, sie sagten, er sei wenige Tage nach der Beerdigung mit dem Bus in die Distriktstadt gefahren, aber was er dort machte, sagten sie nicht, und ich fragte nicht. Ich überlegte damals nur, ob ich ihn je wiedersehen würde. Wir fingen morgens kurz nach sieben an und arbeiteten bis zum Abend, bis wir ins Bett fielen und wie Tote schliefen, mit dem ersten Licht erwachten und wieder anfingen. Einige Zeit sah es so aus, als würden die Bäume nie aufhören, denn man kann einen Pfad entlanglaufen und denken, um einen herum sei ein hübscher kleiner Wald, aber wenn jede Fichte mit Fuchsschwänzen gefällt werden soll und du anfängst zu zählen, kannst du leicht den Mut verlieren und glauben, daß du nie zu einem Ende kommst. Aber wenn du mitten drin steckst und sich alle im richtigen Rhythmus befinden, haben Anfang und Ende keine Bedeutung, nicht dort, nicht da, und wichtig ist nur, daß du dranbleibst, bis sich alles zu einem eigenen Puls verbindet, der pocht und von selbst schlägt, und du machst zur richtigen Zeit Pause und arbeitest weiter und ißt genug, aber nicht zuviel, und trinkst genug, aber nicht zuviel, und schläfst gut, wenn es Zeit dafür ist: acht Stunden nachts und mindestens eine am Tag. Ich schlief am Tag, und mein Vater schlief, und Jons Vater und Franz schliefen, nur Jons Mutter nicht. Wenn unsere Pause kam und wir uns in die Heide legten, jeder unter einen Baum, und die Augen schlossen, ging sie zum Boot und ruderte nach Hause zu Lars, um sich um ihn zu kümmern, und wenn wir wach wurden, war sie in der Regel zurück, oder wir hörten die Ruderschläge vom Fluß und wußten, daß sie auf dem Weg war. Dann hatte sie oft Dinge mit, die wir brauchten, Werkzeug, das zu holen ihr aufgetragen worden war, oder etwas zu essen im Korb, was sie gebacken hatte und worüber wir uns alle freuten, und ich verstand nicht, wie sie das durchhielt, denn sie arbeitete unermüdlich und so hart wie ein Mann. Und jedesmal sah ich ... Leseprobe

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