Autorenportrait
Jeff Montrose, geboren 1972, ging als Siebzehnjähriger zur US-Armee und wurde 2004/2005 im Irakkrieg als Zugführer, später als stellvertretender Kompaniechef eingesetzt. Aus Gewissensgründen quittierte er den Dienst und lebt seitdem in Deutschland, wo er zunächst als Englischlehrer arbeitete. Seit 2010 ist er Lehrbeauftragter für US-Außen- und Sicherheitspolitik an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, seit 2016 auch Gastdozent für US-Außenpolitik an der Universität Hamburg.
Leseprobe
"Hey, Sir. Können Sie wirklich Deutsch?" Verwirrt schaue ich den jungen Soldaten an. Wie kommt er denn jetzt darauf? Jetzt geht es um einen möglichen Hinterhalt, um die überall lauernde Gefahr, was rein gar nichts mit Deutsch zu tun hat. "Ja", antworte ich automatisch. Gedanklich bin ich ganz woanders. "Zumindest genug, um ein Bier bestellen zu können." "Warum lernen Sie überhaupt Deutsch?" "Meine Verwandten mütterlicherseits kamen aus." Da wird mein gesamtes Gewicht nach vorne geschoben, die Reifen kreischen auf dem heißen Asphalt, als der Humvee aufstöhnt, bevor er mit einer leichten Schleuderbewegung stoppt. Der Maschinengewehrschütze, der zwischen Sampler und mich gegen die Funkgeräte geknallt ist, rappelt sich fluchend auf. "Was zum Teufel soll das, Sampler?", schreie ich. "Du Arschloch", bellt der Maschinengewehrschütze von hinten. "Willst du uns umbringen oder was?" Sampler streckt seinen Arm nach vorne und zeigt auf ein dunkles Objekt, das fünfzig Meter vor uns am Straßenrand liegt. "Ein Hund", sagt er. "Ein toter Hund, der vorhin noch nicht da war." Mein Herzschlag beschleunigt sich wieder - mögliche IED, direkt vor unserer Nase. Ich greife zum Handapparat und befehle der Patrouille, sofort ein paar hundert Meter rückwärtszufahren. Auch Sampler lässt den Humvee rückwärtsfahren. Das Getriebe heult, als wehrte es sich dagegen. Ich schaue mich um. Doch da ist nichts. Kein Gebäude, kein Mensch, kein Fahrzeug. Nur dieses dunkle Objekt, das Sampler als toten Hund identifiziert hat.