Beschreibung
Ein amüsanter Schelmenroman über unsere Zeit Es ist Valentinstag, doch nie zuvor hat Maxwell sich einsamer gefühlt: Seine Frau hat ihn verlassen, seine Jugendliebe hält ihn für einen bemitleidenswerten Verlierer, und auch seine vierundsiebzig Facebook-Freunde können ihm nicht helfen. Da kommt das seltsame Angebot, an einer Wettfahrt zu den Shetlandinseln teilzunehmen, wie gerufen. Voller Hoffnung macht er sich mit 'Emma', seinem freundlichen Navigationsgerät, auf den Weg - doch die Fahrt zum nördlichsten Punkt des Königreichs entwickelt sich zu einer Reise in die dunkelsten Ecken seiner Vergangenheit. Jonathan Coe, einer der Stars der Londoner Literaturszene, ist mit einem außerordentlichen Erzähltalent gesegnet: Mit 'Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim' hat er einen Roman geschaffen, der voller überraschender Plotwindungen steckt und von Geschichten überbordet - eine höchst vergnügliche Tour de Force durch die Befindlichkeiten unserer Zeit. Großes Lesevergnügen: tragikomische Familiengeschichte und abenteuerliche Road-Novel zugleich.
Autorenportrait
Jonathan Coe wurde 1961 in Birmingham geboren. Für seine Bücher wurde er u.a. mit dem John Llewellyn Rhys Prize, dem Prix du Meilleur Livre Étranger und dem Prix Médicis Étranger ausgezeichnet. Zwei seiner bisher neun Romane wurden verfilmt. Zuletzt erschien bei DVA "Der Regen, bevor er fällt" (2009). Jonathan Coe lebt heute mit seiner Familie in London.
Leseprobe
Ein Streifenwagen der Grampian Police stieß am Donnerstagabend bei einer Patrouillenfahrt auf der schneebedeckten A 93 zwischen Braemar und Spittal of Glenshee auf ein scheinbar verlassenes Auto, das gleich unterhalb des Glenshee Ski Centre am Straßenrand geparkt war. Bei näherer Überprüfung stellten die Beamten fest, dass der bewusstlose Fahrer noch im Auto saß. Die Kleider des fast nackten Mannes mittleren Alters waren überall im Wageninneren verstreut. Auf dem Beifahrersitz lagen zwei leere Whiskyflaschen. Noch rätselhafter wurde es, als die Beamten den Kofferraum untersuchten und zwei Pappkartons mit über 400 Zahnbürsten sowie einen großen schwarzen Müllbeutel entdeckten, der mit Postkarten aus dem Fernen Osten gefüllt war. Der Mann litt unter starker Unterkühlung und wurde mit dem Rettungshubschrauber in die Royal Infirmary nach Aberdeen geflogen. Später konnte er als Mr Maxwell Sim, 48, aus Watford, England, identifiziert werden. Mr Sim war als freiberuflicher Handelsvertreter für Guest Zahnbürsten in Reading unterwegs, eine Firma, die sich auf ökologische Mundhygiene-Produkte spezialisiert hat. Der Betrieb war am selben Morgen in Insolvenz gegangen. Mr Sims Gesundheit konnte vollständig wiederhergestellt werden, inzwischen dürfte er an seinen Wohnort Watford zurückgekehrt sein. Ob eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer ergeht, ist noch offen. Aberdeenshire Press & Jounal, Montag, 9. März 2009 Von SYDNEY bis WATFORD Als ich die Chinesin und ihre Tochter beim Kartenspielen sah, an diesem Tisch im Restaurant, hinter dem das Wasser und die Lichter des Hafens von Sydney glitzerten, musste ich an Stuart denken, und daran, warum er das Autofahren aufgegeben hatte. An 'meinen Freund Stuart', hätte ich fast gesagt, aber ich vermute, das entspricht nicht mehr den Tatsachen. Ich scheine in den letzten Jahren eine Reihe von Freunden verloren zu haben. Was nicht heißt, dass ich mich auf dramatische Weise mit ihnen zerstritten hätte. Wir haben einfach beschlossen, den Kontakt einschlafen zu lassen. Und es muss ein Entschluss gewesen sein, eine bewusste Entscheidung, denn schließlich ist es heutzutage bei der Vielfalt der sich bietenden Möglichkeiten kein Problem mehr, in Kontakt zu bleiben. Aber je älter man wird, desto zweckloser beginnen manche Freundschaften sich anzufühlen. Bis man sich irgendwann fragt: 'Wozu eigentlich noch?' Und dann lässt man es bleiben. Aber zurück zu Stuart und seiner Autofahrerei. Es waren die Panikattacken, die ihn zum Aufhören zwangen. Er war ein guter Autofahrer, achtsam und umsichtig, nie in einen Unfall verwickelt. Aber ab und zu bekam er eben am Steuer diese Panikattacken, und mit der Zeit wurden sie heftiger, und sie häuften sich. Ich weiß noch, wann er mir zum ersten Mal davon erzählte: während der Mittagspause, in der Kantine des Kaufhauses in Ealing, in dem wir beide seit ein oder zwei Jahren arbeiteten. Ich glaube nicht, dass ich ihm sehr aufmerksam zugehört habe, denn Caroline saß mit uns am Tisch, und zwischen uns begann es gerade interessant zu werden - da waren Geschichten über Stuarts Autofahrneurose so ziemlich das Letzte, was mich interessierte. Aus demselben Grund habe ich wahrscheinlich auch danach kaum mehr einen Gedanken daran verschwendet; erst Jahre später, in diesem Restaurant in Sydney, erinnerte ich mich auf einmal wieder an alles. Sein Problem war Folgendes gewesen: Während die meisten Menschen das Hin und Her der Autos auf einer belebten Straße als einen normalen, ordentlich funktionierenden Verkehrsfluss wahrnahmen, erschien es Stuart wie eine endlose Abfolge haarscharf vermiedener Zusammenstöße. Er sah die Autos mit hoher Geschwindigkeit aufeinander zurasen und sich nur um Zentimeter verfehlen - ein ums andere Mal, alle paar Sekunden, den ganzen Tag lang. 'Diese ganzen Autos', sagte er zu mir, 'die alle immer so haarscharf aneinander vorbeischlittern, wie soll man das nur ertragen?' Am Ende ertrug er es nicht mehr, und aus war es mit dem Autofahren. Warum