Beschreibung
Die Sozialarbeiterin Andrea Henderson zieht mit ihrem Sohn an den schönen Moses Lake. Nach ihrer Scheidung will sie ein neues Leben beginnen. Doch das Einleben gestaltet sich schwieriger als erwartet, sowohl beruflich als auch privat. Zum Glück lernt sie den attraktiven Ranger Mart McClendon kennen. Er hilft ihr bei der Bearbeitung eines mysteriösen Falls: In einer windschiefen Hütte oberhalb des Sees wohnen der alte Len und ein kleines Mädchen. Niemand weiß, wer sie ist und wie sie zu ihm kam. Nach und nach kann Andrea das Vertrauen der Kleinen gewinnen. Doch dann spitzen sich die Ereignisse dramatisch zu und die zwei geraten in eine äußerst gefährliche Situation... Ein spannender, humorvoller und tiefgründiger Roman mit grandiosen Landschaftsbeschreibungen. (718 Z.)
Lisa Wingate arbeitet als Journalistin, Kolumnistin, Rednerin und Autorin. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Söhnen in Texas.
Autorenportrait
Lisa Wingate arbeitet als Journalistin, Kolumnistin, Rednerin und Autorin. Sie lebt mit ihrem Mann und zwei Söhnen in Texas.
Leseprobe
Kapitel 1 Wer das Glück hat, am See zu sein, hat wirklich Glück! (Schild am Ortseingang von Moses Lake) Andrea Henderson Wer das Glück hat, am See zu sein, hat wirklich Glück! Dieses Motto ist einladend auf den Schildern am Ortsrand der verschlafenen texanischen Kleinstadt Moses Lake, die idyllisch an einem See liegt, eingraviert. Die Buchstaben, die mit goldener Farbe sauber ausgemalt sind, leuchten wie eine himmlische Verheißung in der Sonne. Oder wie eine göttliche Farce, je nachdem, wer sie liest. Wenn man zu einem Termin unterwegs ist, den man nicht verpassen darf, sich auf einer abgelegenen Straße verfahren und zu allem Überfluss noch einen platten Reifen bekommen hat " dann möchte man nicht gerade von Glück sprechen. Selbst, wenn Wasser in der Nähe ist. Das einzige Gefühl in einer solchen Situation, abgesehen von nackter Panik, ist der unangenehme Eindruck, irgendwie Ähnlichkeit mit dieser Straße zu haben. Das Gefühl, genauso zu sein wie sie: mit tiefen Furchen, Schlaglöchern, Rissen und Narben versehen, irgendwo mitten in der Wildnis und in die völlig falsche Richtung unterwegs. Wenn ich mir früher die zweite Hälfte meines vierten Lebensjahrzehnts vorgestellt hatte, malte ich sie mir immer so aus, dass ich wie eine Familienkutsche durchs Leben rollen würde. Auf einer modernen Autobahn, gewiss nicht in Moses Lake, aber irgendwo in einer schönen Gegend. Das war ein angenehmes Bild gewesen. Das Problem ist jedoch, dass das Leben ähnlich verläuft wie eine Reise. Man fährt Kilometer für Kilometer, aber jeder Kilometer wird vom vorherigen bestimmt. Es ist schwer, am Ende dort anzukommen, wo man es geplant hat, wenn die Straßenkarte lückenhaft ist. Und je genauer du hinschaust, umso mehr erkennst du, dass es schon die ganze Zeit über Lücken gab. Und dir wird klar, dass du völlig vom Weg abgekommen bist. Und was jetzt?, wäre in einem solchen Moment eine logische Frage, die du an eine höhere Instanz stellst. Aber das Problem bei diesen Fragen ist, dass du die am nächsten liegende Antwort bereits weißt. Du stellst diese Frage nur, weil dir deine eigene Antwort nicht gefällt. Du willst, dass dir jemand eine andere Antwort gibt. Ich stellte mir vor, wie ich wohl nach außen hin wirkte, als ich mitten im Nirgendwo auf einer holprigen Schotterstraße stand " eine durchschnittliche Frau mit braunen Haaren und braunen Augen, in einem neuen Hosenanzug und schönen Schuhen, die zum Himmel schrie: "Kann denn dieser Tag noch schlimmer kommen? Kann diese Woche, dieses Jahr, irgendetwas noch schlimmer kommen?" Natürlich gab es Schlimmeres, als irgendwo im Wald festzusitzen und dabei meine ersten Hausbesuchs-Termine zu verpassen. Aber in Anbetracht meiner so gut wie nicht vorhandenen Berufserfahrung konnte ich von Glück sagen, dass ich überhaupt eine Stelle als Familientherapeutin bekommen hatte. Auch, wenn das bedeutete, dass ich irgendwelche Nebenstraßen und holprigen Wege entlangfahren musste, um Familien zu betreuen, die mitten in der Pampa wohnten. Es war wenigstens ein Anfang, und ich konnte es mir nicht leisten, diese Stelle zu verlieren. Ich musste weiterfahren, egal wie. Mein Handy gab einen abgehackten, schwachen Klingelton von sich. Irgendwie wusste ich, dass es keine der Abschleppfirmen war, denen ich auf den Anrufbeantworter gesprochen und eine Wegbeschreibung gegeben hatte, die in etwa so lautete: An dem gespaltenen Baum abbiegen und an dem stinkenden Schweinehof mit dem Zaun aus gestohlenen Straßenschildern vorbeifahren. Dann immer weiterfahren, bis man etwas überquert, das wie ein abgrundtiefes Schlammloch aussieht. Weiter oben auf dem nächsten Hügel finden Sie ein blaues Auto rechts in der Mulde am Straßenrand " Ich hatte keine Ahnung, ob diese Wegbeschreibung irgendjemanden zu mir führen würde, aber mir blieb keine andere Wahl, als sie bei den Abschleppfirmen zu hinterlassen und in meiner Praxis Bescheid zu geben, in der allerdings auch n niemanden erschrecken, auch wenn ich nicht wusste, wer am anderen Ende der Leitung war. Die von einem starken Knistern und Rauschen begleitete Stimme meiner Mutter erfüllte mich mit einer seltsamen Mischung aus Erleichterung und unangenehmem Grauen. Meine Eltern hatten nicht gewollt, dass ich die Stelle in der Familientherapie annehme, und dieses Chaos mitten im Wald wäre nur Wasser auf ihre Mühlen. Andererseits war ich jetzt so gut wie gerettet, und selbst wenn dir deine Mutter die Leviten liest, obwohl du schon achtunddreißig bist, ist das besser, als mitten im Nirgendwo mutterseelenallein gestrandet zu sein. "Mama? Mama, kannst du mich hören? Ich brauche Hilfe." Sie gab mir keine Antwort. Für einen Moment hatte ich die entmutigende Vorstellung, dass meine Stimme irgendwo zwischen den Handyfunkmasten verloren ging. Vielleicht konnte ich meine Mutter hören, aber sie konnte mich nicht hören. Das bedeutete aber gleichzeitig, dass ich mit meinen ganzen Anrufen bei den Abschleppfirmen nur wertvolle Akkukapazität meines Handys verbraucht hatte. "Mama? Ich brauche Hilfe." Mutter war dieser Worte wahrscheinlich überdrüssig, nachdem sich unsere Gespräche ein ganzes Jahr lang fast ausschließlich darum gedreht hatten, dass ich Hilfe brauchte. Ich konnte ihr daraus keinen Vorwurf machen. Ich konnte diese Worte selbst auch nicht mehr hören. Ich war von mir selbst genervt " von meiner mangelnden Unabhängigkeit und den Ereignissen des vergangenen Jahres, im Verlaufe derer ich plötzlich nach sechzehn Jahren Ehe wieder auf mich allein gestellt war " mittellos, zurück unter der Fuchtel meiner Eltern und darauf angewiesen, in ihrem Strandhaus wohnen zu dürfen. Deshalb hatte ich die Stelle bei Tazinski und Partner angenommen. Die lag zwar von der Bezahlung her am unteren Ende der Skala der therapeutischen Berufe, bot mir aber trotzdem eine realistische Möglichkeit, ein neues Leben aufzubauen und den Lebensunterhalt für mich und meinen Sohn zu verdienen. Es war Zeit, mich von all den Rockzipfeln zu lösen, an denen ich noch gehangen hatte. Es war Zeit, meinen Abschluss als Sozialpädagogin, den ich erworben hatte, während mein Exmann Vizerektor einer netten christlichen Hochschule in Houston gewesen war, zu nutzen und mir ein eigenes Leben aufzubauen. "Andrea. Andrea?" Mutters Stimme knackte und ging fast im Rauschen der schlechten Verbindung unter. "Wo " du? Ich " dich kaum." "Mama, du wirst es nicht glauben, aber ich habe eine Reifenpanne. Ich brauche einen Abschleppdienst. Ich bin irgendwo mitten in der "" "Andrea? Ich " kein Wort von dem, was du sagst. Fahre oben auf einen " und halte an " gesagt, dass du auf der anderen Seeseite einen furchtbaren Empfang " Was ist, wenn dein Auto liegen bleibt oder du im Schlamm "? Das ist gefährlich " alles mögliche Gesindel " dort oben im Wald " wer weiß, was für Leute am öffentlichen Strand " Ohh Andr " Die meisten Straßen " so verlassen, dass du tagelang "" "Abschleppdienst! Ich. Brauche. Einen. AB-SCHLEPP-DIENST! Mama? Hallo?" Die Verbindung war beendet. Als ich versuchte, zurückzurufen, knackte das Handy nur und knackte und knackte, während es vergeblich versuchte, ein Signal an einen Funkmast zu senden. Jetzt hatte ich meine Antwort auf die Frage, die ich vor ein paar Sekunden in den Himmel geschrien hatte. Was konnte schlimmer sein, als eine Reifenpanne mitten im Nirgendwo zu haben, obwohl man einen Termin einhalten musste? " Festzustellen, dass deine Anrufe im Äther verschwinden und dass kein Abschleppdienst kommt und du wirklich ganz allein bist. Und dann zu allem Überfluss noch in der Ferne das Grollen eines Donners zu hören, obwohl es bis jetzt nach einem schönen, sonnigen Julinachmittag ausgesehen hatte. "Nein, nein, nein", flüsterte ich. Vielleicht war es auch eher ein Betteln als ein Flüstern. Wenn ein Gewitter niederging, würde sich der Waldweg, auf dem ich m aufsteigende
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