Beschreibung
Losurdos Untersuchung durchbricht eine unfruchtbare Frontstellung, die die Nietzsche-Forschung beherrscht: auf der einen Seite eine 'Hermeneutik der Unschuld', die die brutalsten Stellungnahmen des Philosophen als kunstvolle, tiefsinnige Metaphern verstehen will, auf der anderen Seite ein von Lukács geprägtes Paradigma, das Nietzsche dem 'Irrationalismus' zuordnet und als unmittelbaren geistigen Vorläufer des NS-Staats behandelt. Der Bann einer solchen Entgegensetzung wird mithilfe einer komparativen Analyse ideologischer Prozesse gebrochen. Indem Losurdo die Philosophie Nietzsches im historischen Kontext des späten 19. Jahrhunderts untersucht, wird ein ideologisches Geflecht sichtbar, das Nietzsche als Teil einer gesamteuropäischen Bewegung zur Abwehr und Überwindung der Französischen Revolution und des von ihr eingeleiteten Revolutionszyklus zeigt.
Autorenportrait
Domenico Losurdo, *1941, italienischer Publizist und Professor für Philosophie an der Universität Urbino, ist Präsident der Internationalen Gesellschaft für dialektisches Denken sowie (mit Hans Heinz Holz) Herausgeber der philosophischen Halbjahresschrift "Topos" (Internationale Beiträge zur dialektischen Theorie). Von Losurdos zahlreichen Büchern sind auf Deutsch u. a. erschienen: "Die Gemeinschaft, der Tod, das Abendland - Heidegger und die Kriegsideologie"; "Demokratie oder Bonapartismus - Triumph und Niedergang des allgemeinen Wahlrechts"; "Hegel und die Freiheit der Modernen"; "Kampf um die Geschichte - Der historische Revisionismus und seine Mythen".