Beschreibung
Die Ergebnisse der IGLU Untersuchung aus dem Jahr 2016 sowie der PISA Studie aus dem Jahr 2018 belegen die umfassenden Schwierigkeiten deutscher Schülerinnen und Schüler mit dem Textverständnis. Etwa 20% der Kinder und Jugendlichen, die in Deutschland zur Schule gehen, sind bestenfalls in der Lage, die in einem Text explizit benannten Informationen aufzufinden und zu verstehen, haben aber Schwierigkeiten, einzelne Informationen zu verknüpfen, Schlussfolgerungen zu ziehen und Texte zu interpretieren, sich also das Gesamtbild eines Textes zu rekonstruieren. Offensichtlich besteht im deutschsprachigen Raum, trotz der seit der Veröffentlichung der Ergebnisse der ersten PISA-Studie zu Beginn des 21. Jahrhunderts eingeleiteten Fördermaßnahmen Handlungsbedarf, was die Entwicklung und Evaluation von Konzepten zur Förderung des Textverständnisses angeht, von der insbesondere auch leistungsschwächere Kinder profitieren können. Wenn es nicht gelingt, Kindern und Jugendlichen mit Problemen im Bereich des Leseverständnisses möglichst frühzeitig effektive unterrichtliche Unterstützungsmaßnahmen anzubieten, ist zu erwarten, dass diese allgemeine Lernschwierigkeiten entwickeln werden, da die selbständige Informationsentnahme aus Texten bereits ab der dritten Klasse üblicherweise in nahezu allen Fächern vorausgesetzt wird. Neben der Förderung der Worterkennung und lautsprachlicher Kompetenzen scheint in der Vermittlung von Verstehensstrategien, deren Anwendung Schüler unterstützen sollen, sich die Inhalte eines Textes eigenaktiv anzueignen, ein vielversprechender Ansatz zur Verbesserung des Leseverständnisses zu liegen. Beim Material "Lesetricks von Professor Neugier" handelt es sich um ein theoretisch fundiertes und empirisch evaluiertes Leseverständnistraining, das in 25 Fördereinheiten die sechs Verstehensstrategien vermittelt, für deren Effektivität die breiteste empirische Evidenz vorliegt (Bildhaftes Vorstellen, Aktivieren von Vorwissen, Vorhersagen treffen, Fragen stellen, Comprehension Monitoring, Zusammenfassen). Das Programm zielt auf Schülerinnen und Schüler Ende der Primarstufe und Anfang der Sekundarstufe, die über eine ausreichende Lesefertigkeit verfügen, aber spezifische Schwierigkeiten mit dem Leseverständnis haben. Es ist insbesondere auf die Bedürfnisse von sprach- und lernschwachen Kindern abgestimmt und vermittelt die einzelnen Strategien deshalb kleinschrittig und isoliert, übt deren Anwendung auf Wort- und Satzebene ein, bevor sie beim sinnentnehmenden Lesen von Texten zum Einsatz kommen sollen und bietet auf dem Weg dazu zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen an. Neben den 25 ausformulierten Unterrichtsstunden und allen für deren Umsetzung notwendigen Materialien beinhaltet das Manual theoretische Grundlagen zum Konstrukt des Textverständnisses und skizziert einige wichtige - über die Vermittlung von Verstehensstrategien hinausgehende - unterrichtliche Unterstützungsmaßnahmen, die auf eine Verbesserung des Textverständnisses abzielen. Ergänzt wird das Manual durch zahlreiche Online Materialien, die die Umsetzung des Trainings erleichtern.
Autorenportrait
Dr. Dana-Kristin Marks hat an der Technischen Universität Dortmund Rehabilitationspädagogik (B.A., 2005-2008) und Rehabilitationswissenschaften (M.A., 2008-2010) studiert. Von 2010-2013 arbeitete sie im Zentrum für Sprachtherapie in Moers mit den Schwerpunkten in der Behandlung von Spracherwerbsstörungen und der Sprachtherapie bei Kindern und Jugendlichen mit Primärbeeinträchtigungen unter Einbezug von Unterstützter Kommunikation. 2012 begann sie zunächst parallel und von 2013-2016 in Vollzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für schulische und außerschulische Sprachbehindertenpädagogik an der Universität zu Köln zu arbeiten. In dieser Zeit koordinierte sie das Forschungsprojekt zur Evaluation einer Strategietherapie (Motsch et al. 2018), zur Behandlung lexikalischer Störungen im Grundschulalter. In der "Wortschatzsammler"-Therapie geht es wie bei den Lesetricks von Professor Neugier um die Vermittlung von Strategien, die ein- und mehrsprachige Kinder mit Spracherwerbsstörung zu einem eigenständigen Lernen - in diesem Fall Wortlernen - befähigen soll. 2017 schloss sie ihre Promotion zu diesem Thema erfolgreich ab. Bereits 2016 wechselte sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an den Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik (Förderschwerpunkt Sprache und Sprachtherapie) der LMU München. Mit den wissenschaftstheoretischen und forschungsmethodischen Erfahrungen aus ihrem Promotionsprojekt, war sie maßgeblich an dem von Prof. Mayer initiierten und geleiteten Forschungsprojekt zur Verbesserung des Leseverständnisses durch die Vermittlung von Verstehensstrategien beteiligt, in dem u.a. das Lesetraining mit "Professor Neugier" entwickelt und evaluiert wurde. Nach einem einjährigen Forschungsaufenthalt an der University of Pretoria kehrte sie im Oktober 2019 als akademische Rätin an den Lehrstuhl von Prof. Mayer (LMU München) zurück und setzte ihre Mitarbeit im Projekt fort. Prof. Andreas Mayer hat an der LMU München Sprachheilpädagogik und Verhaltensgestörtenpädagogik studiert und mit dem 1. Staatsexamen abgeschlossen (1988-1995) Nach Beendigung des Referendariats arbeitete er 13 Jahre lang als Sonderschullehrer an einem Sonderpädagogischen Förderzentrum, bevor er als abgeordneter Sonderschullehrer zur Verstärkung des Praxisbezugs an den Lehrstuhl für Sprachheilpädagogik (Förderschwerpunkt Sprache und Sprachtherapie) der LMU München berufen wurde. In dieser Zeit setzte sich Andreas Mayer vor allem mit der Theorie und Praxis von Lese-Rechtschreibstörungen auseinander und schloss sein Promotionsprojekt zum Thema "Phonologische Bewusstheit, Benennungsgeschwindigkeit und automatisierte Leseprozesse" ab (2008). Von 2007 - 2015 war Andreas Mayer als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für schulische und außerschulische Sprachbehindertenpädagogik an der Universität zu Köln beschäftigt, wo in einem Projekt zur "Früherkennung und Prävention von Schriftspracherwerbsstörungen im inklusiven Unterricht" seine Habilitation mit der Verleihung der venia legendi für das Fach Sprachbehindertenpädagogik" erfolgreich abgeschlossen wurde. Seit 2016 ist er Inhaber des Lehrstuhls für Sprachheilpädagogik (Förderschwerpunkt Sprache und Sprachtherapie) der LMU München. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind die Diagnostik von Sprach- und Sprechstörungen, die spezifische Akzentuierung des Unterrichts im Förderschwerpunkt Sprache sowie die Theorie und Praxis gestörter Schriftspracherwerbsprozesse. Von 2017-2020 war Andreas Mayer verantwortlich für das Projekt zur Verbesserung des Leseverständnisses durch die Vermittlung von Verstehensstrategien, in dessen Rahmen u.a. das vorliegende Programm "Lesetricks von Professor Neugier" entwickelt und evaluiert wurde.