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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783630620954
Sprache: Deutsch
Umfang: 392 S.
Format (T/L/B): 2.9 x 18.7 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Krieg und Frieden in Kiew: Michail Bulgakows erster, autobiografisch gefärbter Roman.Dezember 1918: In Russland herrscht Bürgerkrieg. Die Truppen des kaiserlichen Deutschland haben weite Teile der Ukraine besetzt. Kiew wird zum Sammelbecken für die Weißen: Bankiers, Adlige, Halbweltdamen auf der Flucht vor der roten Gefahr.

Autorenportrait

Michail Bulgakow wurde am 15. Mai 1891 in Kiew geboren und starb am 10. März 1940 in Moskau. Nach einem Medizinstudium arbeitete er zunächst als Landarzt und zog dann nach Moskau, um sich ganz der Literatur zu widmen. Er gilt als einer der größten russischen Satiriker und hatte zeitlebens unter der stalinistischen Zensur zu leiden. Seine zahlreichen Dramen durften nicht aufgeführt werden, seine bedeutendsten Prosawerke konnten erst nach seinem Tod veröffentlicht werden. Seine Werke liegen im Luchterhand Literaturverlag in der Übersetzung von Thomas und Renate Reschke vor.

Leseprobe

Groß war es und fürchterlich, das eintausendneunhundertundachtzehnteJahr nach Christi Geburt, das zweite aber nach Beginn der Revolution. Reich war es im Sommer an Sonnenschein und im Winter an Schnee, und besonders hoch standen am Himmel zwei Sterne: der abendliche Hirtenstern Venus und der rote, flimmernde Mars. Aber die Tage fliegen in friedlichen wie in blutigen Jahren pfeilgeschwind dahin, und die jungen Turbins bemerkten gar nicht, wie in klirrendem Frost der weißzottige Dezember angebrochen war. Oh, du unser Väterchen Frost, strahlend in Schnee und Glück! Oh, Mutter, lichte Königin, wo weilst du? Ein Jahr nachdem die Tochter Jelena dem Hauptmann Sergej Iwanowitsch Talberg angetraut worden war und in der Woche, als der älteste Sohn, Alexej Wassiljewitsch Turbin, aus zermürbenden Feldzügen, aus Kriegsdienst und Elend zurückkehrte in die Ukraine, in die STADT, ins häusliche Nest, wurde der weiße Sarg mit dem Leichnam der Mutter den steilen Alexejewski-Hang hinuntergetragen nach Podol, ins Kirchlein des Guten Nikolai, das im Wswos stand. Als für die Mutter die Totenmesse gelesen wurde, war es Mai, Kirschbäume und Akazien klebten die Spitzbogenfenster zu. Vater Alexander, vor Trauer und Verlegenheit stolpernd, blinkte und funkelte unter den goldhellen Lichtern, und der lilagesichtige Diakon, bis zu den Spitzen der knarrenden Stiefel in Gold gefaßt, rollte finster die kirchlichen Abschiedsworte für die Mutter, die ihre Kinder verließ. Alexej, Jelena, Talberg, die im Hause der Frau Turbin aufgewachsene Anjuta und auch der vom Tod betäubte Nikolka mit seinem auf die rechte Braue herabhängenden Wirbelhaar standen zu Füßen des altersbraunen Sankt Nikolai. Nikolkas dicht an der langen Schnabelnase sitzende blaue Augen blickten verwirrt und todtraurig. Von Zeit zu Zeit hob er sie zum Ikonostas oder zu dem im Halbdunkel vergehenden Altarbogen, wo der traurige, geheimnisvolle alte Gott sich aufschwang und zwinkerte. Wofür dieses Leid? Ist das nicht ungerecht? Warum wird uns die Mutter genommen, als gerade alle zusammengekommen sind und Erleichterung eingetreten ist? Der zum geborstenen schwarzen Himmel aufstrebende Gott gab keine Antwort, und Nikolka selbst wußte noch nicht, daß alles, was geschieht, richtig ist und sich stets zum Guten wendet. Die Totenmesse war beendet, alle traten hinaus auf die hallenden Platten des Vorplatzes und geleiteten die Mutter durch die ganze riesige STADT zum Friedhof, wo unter einem schwarzen Marmorkreuz schon lange der Vater lag. Auch die Mutter wurde begraben. Viele Jahre vor diesem Tod wärmte und hegte der Kachelofen im Eßzimmer des Hauses Nummer dreizehn auf dem Alexejewski-Hang die kleine Jelena, den Ältesten Alexej und den winzigen Nikolka. Wie oft wurde an der glutatmenden Kachelwand 'Zar und Zimmermann' gelesen, die Uhr spielte eine Gavotte, und Ende Dezember roch es stets nach Tannengrün, auf dessen Zweigen verschiedenfarbiges Paraffin brannte. Gleich nach der bronzenen Spieluhr, die in Mutters - jetzt Jelenas - Schlafzimmer stand, ließ im Eßzimmer die schwarze Wanduhr ihren Turmuhrschlag ertönen. Der Vater hatte sie vor langer Zeit gekauft, als die Frauen noch die komischen Puffärmel trugen. Solche Ärmel trug man jetzt nicht mehr, die Zeit war wie ein Funke verstoben, der Vater, ein Professor, gestorben, die Kinder waren herangewachsen, aber die Uhr war die gleiche geblieben und schlug ihren Turmuhrschlag. Alle hatten sich so an sie gewöhnt, daß, verschwände sie durch ein Wunder von der Wand, es traurig wäre, als sei eine vertraute Stimme gestorben, und den leeren Platz hätte nichts ausfüllen können. Die Uhr war aber zum Glück unsterblich wie Zar und Zimmermann und die holländischen Kacheln, heiß und lebenspendend auch in schwerster Zeit wie ein weiser Fels. Diese Kacheln, die alten roten Plüschmöbel, die Betten mit den glänzenden Kugeln, die verwetzten rosabunten Wandteppiche, darauf Alexej Michailowitsch, der einen Falken auf dem Arm trägt, und Ludwig XIV, der sich am Ufer e Leseprobe

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