Beschreibung
Jahrzehntelang galt die Psychotherapie bei Psychosen als kontrainduziert. Dieses Vorurteil ist heute überwunden, gleichwohl schrecken viele Psychotherapeutinnen und -therapeuten immer noch vor psychotischen Klienten zurück.Auch 'verschrobene' Konstruktionen unserer Welt sind psychotherapeutischen Interventionen zugänglich und damit veränderbar, aber gerade psychotische Weltsichten gilt es im ersten Schritt anzuerkennen, denn sie sind für den Betroffenen subjektiv wahr. So mögen psychotisch und selbst wahnhaft Erkrankte als therapeutische Herausforderungen gelten, hilfreich kann Psychotherapie für sie dennoch sein.Thomas Bock und Gerhard Dieter Ruf plädieren für einen unaufgeregten Umgang mit psychotischen Klienten selbst im akuten Geschehen. Ruf als systemischer Therapeut verweist auf die Funktionalität von Psychosen im sozialen wie auch im biografischen Kontext; Bock bezieht psychotisches Geschehen zudem auf einen allgemeinmenschlichen Horizont, aus dem heraus Psychosen plötzlich auch verstehbar erscheinen. Compliance - das ist eine Aufgabe für die Helfer, nicht für die Erkrankten!Dass Psychosen weder medikamentös noch psychotherapeutisch komplett geheilt und weil Rückfälle nicht völlig ausgeschlossen werden können, lehrt Psychotherapeuten Bescheidenheit.
Autorenportrait
Dr. med. Gerhard Dieter Ruf, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie, Systemischer Therapeut (IGST, SG, DGSF), Lehrender für Systemische Therapie und Beratung (DGSF), ist in eigener Praxis in Asperg tätig. Er lehrt am Bodensee-Institut für Systemische Therapie und Beratung und an der Berner Fachhochschule für Soziale Arbeit.