Beschreibung
Der Orlando furioso ist eine der glanzvollsten Dichtungen der Renaissance und zugleich ein Schlüsselwerk europäischer Erzählliteratur. Nicht zuletzt durch seinen Reichtum an Figuren und Handlungsverläufen hat Ariosts Romanzo stets fasziniert. In seiner Interpretation dieses Textes zeigt Bernd Häsner, wie die virtuose Verflechtung einer Vielzahl von Handlungssträngen und Konstellationen ideologische Prämissen, denen auch der Autor Ariost durchaus verpflichtet war, unterläuft und in Zweifel zieht. Am offenkundigsten wird dies in der Herkunftsgeschichte der Este-Dynastie, die Ariost im Orlando furioso zu erzählen beansprucht. Indem er sie jedoch im Modus hochfrequenter Digression erzählt, setzt er sie 'zentrifugalen' Kausalitäten aus, die jede der genealogischen Abfolge angeblich inhärente Logik sabotieren, und die nur im Diskurs, also durch den Erzähler, beherrschbar sind. Explizit gemacht wird diese Poetik vom Apostel Johannes, den Ariost in einer auf dem Mond spielenden Szene verkünden lässt, es seien die Dichter, die über die Geschichte herrschten.
Autorenportrait
Bernd Häsner arbeitet in einem Forschungsprojekt zur italienischen Renaissanceepik an der Freien Universität Berlin. Publiziert hat er zu Fragen der Literaturtheorie sowie zur Literatur der Frühen Neuzeit, insbesondere zum Dialog der Epoche und zu anderen Genera des gelehrten Diskurses.
Leseprobe
Leseprobe