Beschreibung
Döblin hielt sich im Jahre 1924 zwei Monate lang in Polen auf, um die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse des Nachbarlandes kennen zu lernen: Wer hat die Macht und wer den Mund? ... Wer hungert und wer ist satt? Aufgerüttelt durch pogromartige Vorgänge in Berlin, richtet der Reisende sein Interesse hauptsächlich auf die jüdische Bevölkerung. Die Lebensweise dieser Menschen in mittelalterlicher Tracht, mit eigener Sprache, Religion und Kultur wühlt Döblin, der selbst jüdischer Abkunft ist, auf. Er erschrickt über die Verachtung und den Hass, denen sie ausgeliefert sind. Heute besteht diese Welt, die Döblin beschreibt, nicht mehr. Schon zwanzig Jahre nach seinem Besuch leben in Warschau keine Juden mehr, ist die jüdische Kultur in Polen durch die mörderische Systematik der Nationalsozialisten auf schreckliche Weise zu einer historischen Erscheinung geworden. Das Buch erschien erstmals 1925 (mit der Jahresangabe 1926)
Autorenportrait
Alfred Döblin, geboren am 10. August 1878 als Sohn einer jüdischen Kaufmannsfamilie, war Nervenarzt in Berlin; dort begründete er auch die expressionistische Zeitschrift 'Der Sturm' mit. 1933 emigrierte Döblin nach Paris, 1940 floh er nach Amerika und konvertierte zum Katholizismus. Nach dem Krieg kehrte er nach Deutschland zurück, um im Dienst der französischen Administration am kulturellen Wiederaufbau mitzuwirken. Er war Herausgeber der Literaturzeitschrift 'Das goldene Tor' (1946-1951) und Mitbegründer der Mainzer Akademie (1949). 1953 übersiedelte er wieder nach Paris. Er starb am 26. Juni 1957 in Emmendingen bei Freiburg.