Beschreibung
Dem Aufbau der Bibel folgend, zeigt der Band in über 150 Kunstwerken, wie biblische Themen in den verschiedensten Gattungen der Kunst umgesetzt wurden. Die Auswahl reicht von der Katakombenmalerei und Sarkophaggestaltung des frühen Christentums bis in die jüngste Gegenwart hinein. Besonderes Interesse gilt dabei der Frage, wie die Künstler den biblischen Text jeweils verstanden. Die betreffende Bibelstelle ist deshalb immer zitiert. Kurze Einführungen in Inhalt und Aufbau der biblischen Schriften eröffnen den Zugang zum vielschichtigen Verständnis biblischer Themen, wie sie von Künstlern umgesetzt und verarbeitet wurden. Mit einem Register der Künstler und der biblischen Personen.
Autorenportrait
Christoph Wetzel ( Jg. 1944) studierte Kunst und Kunstgeschichte sowie Germanistik und Geschichte an den Kunstakademien Stuttgart, München, Wien und an den Universitäten München, Wien, Konstanz. Neben und nach seiner Arbeit als Kunsterzieher, Verlagslektor und Herausgeber (Neue Belser Stilgeschichte) ist er als Sachbuchautor tätig (Kunst, Literatur, Religion). Er veröffentlichte u. a. Monographien über van Gogh, Cézanne, Aktkunst und Prachthandschriften. Konzeption, Bebilderung und Coautorschaft übernahm er für 2000 Jahre Christentum und das Kulturtagebuch des 20. Jahrhunderts sowie für die Reihe Die großen Klassiker. Literatur der Welt in Bildern, Texten, Daten. Sein Interesse gilt insbesondere den wechselseitigen Reflexionen zwischen bildender Kunst und Literatur im kulturellen Kontext. Zu den Ausgaben der Bibel, die Wetzel mit der Wiedergabe von Kunstwerken ausgestattet hat, gehören die Stuttgarter Bibel der Buchmalerei (1996), die Bibel der Moderne (1999) und die Bibel des Vatikan (2009). Bei Reclam hat er auch Reclams Sachlexikon der Kunst und Das Reclam Buch der Kunst veröffentlicht.
Leseprobe
Leseprobe Einführung Die Bibel mit ihren Schriften des Alten und des Neuen Testaments hat seit dem Frühchristentum Künstler angeregt, sich mit ihren vielfältigen Themen auseinanderzusetzen. Dem Aufbau der Bibel vom Schöpfungsmythos bis zur Offenbarung folgend, zeigen über 150 Kunstwerke, wie biblische Ereignisse, Darstellungen und Themen in den verschiedenen Gattungen der Kunst verbildlicht wurden. Die Auswahl reicht von der Katakombenmalerei und der Gestaltung von Sarkophagen bis in die jüngste Gegenwart hinein. Besonderes Interesse gilt dabei dem im Kunstwerk erkennbaren Verständnis des Bibeltextes, dem das jeweils einleitende Zitat entnommen ist. Einführungen orientieren über die einzelnen Gruppen der biblischen Bücher. Die Beschäftigung mit Texten der Bibel als Quellen der Kunst schließt die Frage ein, welchen Anteil die Darstellungen biblischer Themen an deren Deutung besitzen. Dies wiederum lenkt den Blick auf die bereits im früh en Christentum entwickelte Lehre vom "vierfachen Schriftsinn" - im Gegensatz zum wortwörtlichen eindimensionalen Verständnis der Texte im Biblizismus. Letzterer ist eine Verabsolutierung des "buchstäblichen" oder "historischen" Schriftsinns, der auch als Literalsinn bezeichnet wird. Mit ihm beginnt ein im Spätmittelalter populärer Vierzeiler: Littera gesta docet ("Der Buchstabe lehrt, was geschehen ist"). Als zweites folgt: Quod credas (docet) allegoria ("Die Allegorie lehrt, was zu glauben ist"). Moralis quid agas bezeichnet den moralischen Schriftsinn über das, was zu tun ist. Der anagogische ("emporführende") schließlich - quo tendas anagogia - handelt vom Ziel des Glaubens. Besaß die Unterscheidung zwischen historischem, allegorischem, moralischem und anagogischem Schriftsinn der Bibel Bedeutung für die bildenden Künste? Oder galt hier ausschließlich der historische Schriftsinn in der Weise, in der Gregor d. Gr. um die Wende zum 7. Jahrhundert die Ausstattung von Kirchen rechtfertigte - als "Belehrung durch Bilder über den Gegenstand der Anbetung"? Wobei zu ergänzen ist, dass Gregor als Exeget der Bibel vor allem den moralischen Schriftsinn exemplifizierte, nämlich im Kommentar zum Buch Ijob, der als Moralia in Iob breite Wirkung erzielte. Demnach könnte sich die Beschäftigung mit dem vierfachen (oder auf andere Weise klassifizierten, etwa mythologiegeschichtlich entschlüsselten) Schriftsinn im Wesentlichen auf Fragen der Exegese, Dogmatik und Frömmigkeit beschränken - die mittelbar auch den Auftrag der bildenden Künste begründeten und weiterhin, zumindest in der kirchlichen Kunst, begründen. Diese Mittelbarkeit verwandelt der "allegorische" Schriftsinn in eine ikonographische Programmatik. Denn "allegorisch" bedeutete bis zur frühen Neuzeit in der christlichen Kunst "typologisch" und meint den Zusammenhang zwischen Altem und Neuem Testament als Verheißung und Erfüllung. Bereits das Evangelium nach Matthäus enthält mit dem "Zeichen des Jona" das Modell dieser Typologie, indem Jesus den Vergleich zieht: "Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Innern der Erde sein" (Mt 12,40). Dieser Vers liegt dem typologischen Bildpaar zugrunde, das die Szene, in welcher der Prophet vom Fisch an Land gespien wird ( Jona 2,11), als Präfiguration der Auferstehung Christi deutet. Und in diesem Sinne befindet sich in der Sixtinischen Kapelle über dem Altar als Symbol des Opfertodes Jesu das typologische Auferstehungsbild des Jona, der dem Fisch entrinnt (S. 208). Derselbe Abschnitt über das "Zeichen des Jona" enthält die typologische Deutung Jesu als neuem Salomo, denn um seine Weisheit zu hören, kam die Königin von Saba vom Ende der Erde. "Hier aber ist einer, der mehr ist als Salomo" (Mt 12,42; S. 170). Die typologische Beziehung zwischen Altem und Neuem Testament verdeutlicht die in den Evangelien häufig wiederkehrende Wendung: "So sollte sich das Schriftwort erfüllen", etwa im Passionsbericht des Johannes: Indem die Soldaten bei Jesu Kreuzigung sein nahtloses Untergewand unter sich verlosen ( Joh 19,24), geht der Vers 19 des 22. Psalms in Erfüllung: "Sie verteilen unter sich meine Kleider / und werfen das Los um mein Gewand" (zu Psalm 22 vgl. S. 160). Diesen allegorischen/typologischen Schriftsinn veranschaulichen die in der Regel 34 Bildergruppen aus jeweils zwei alttestamentlichen "Typen" und ihrem neutestamentlichen "Antitypus" in der Biblia pauperum ('Armenbibel'), und in erweiterter Form das wohl im frühen 14. Jahrhundert entstandene Speculum humanae salvationis ('Spiegel des menschlichen Heils', kurz 'Heilsspiegel') eines ebenfalls unbekannten Verfassers. Auch dieses Andachtsbuch gliedert sich in 34 Kapitel von der Schöpfung bis zum Jüngsten Gericht, doch zeigt jede Doppelseite vier Bilder. Im 8. Kapitel treten zur Geburt Jesu durch die Jungfrau Maria die alttestamentlichen Typen (der von Josef als Verheißung gedeutete Traum des Mundschenks des Pharao vom Weinstock, Gen 40,9-12, und der grünende Mandelzweig Aarons, Num 17,23) sowie die außerbiblische Szene der Marienvision des Augustus (S. 84). Der evangelische und der katholische Gottesdienst enthalten oft ein typologisches Element, indem die Schriftlesung am Altar und der Predigttext abwechselnd aus dem Alten und dem Neuen Testament stammen. Der moralische Schriftsinn mit seinen "Handlungsanweisungen" lässt sich neben zahlreichen Bildern über bib lische Episoden auch in einem Werk der zeitgenössischen Kunst unterstellen. Es ist das an dritter Stelle innerhalb des zweiten Schöpfungsberichts besprochene Adam-Massiv von Rudolf Hausner (S. 30) und erfährt im Zusammenhang des Umweltschutzes als Bewahrung der Schöpfung im Sinne einer Ersatzreligion gesteigerte Aktualität. Der "anagogische Schriftsinn" führt uns erneut ins Mittelalter mit der bereits frühchristlichen Deutung des Besuchs der "drei Männer" bei Abraham und Sara (Gen 18,1-22) als Offenbarung der Dreifaltigkeit (S. 44). Die einleitend unter dem Gesichtspunkt des vierfachen Schriftsinns genannten Beispiele beugen dem Missverständnis vor, das Folgende sei einer exegetischen Systematik unterworfen. Ebenso wenig herrscht eine kunstgeschichtliche Gliederung nach Epochen; Schwerpunkteverzeichnet eine Übersicht im Anhang. Statt dessen dienen die 155 Beispiele in erster Linie der Orientierung, wovon eigentlich das "Buch der Bücher" handelt. Und zwar unter der Voraussetzung, dass diese Kenntnis zum insbesondere ikonographischen Grundwissen gehört. Die Auswahl der Werkbeispiele umfasst alle vier Gruppen der alttestamentlichen Bücher (mit dem Buch Jona als einem Beispiel aus den Büchern der zwölf Kleinen Propheten) sowie neutestamentlich die vier Evangelien, die Apostelgeschichte, eine Auswahl der Briefe (zwei Briefe an die Gemeinde in Korinth) und die Offenbarung. Untergeordnet, doch für die Auswahl der Werkbeispiele ebenfalls maßgeblich ist die Frage: Wo und in welcher Gattung und somit Funktion begegnen wir der biblisch motivierten Kunst. Die Ausstattung von Büchern ist durch die Buchmalerei (Kodizes der Bibel insgesamt und des Psalters sowie weiterer Teilausgaben) und durch druckgraphische Arbeiten vertreten. Werke der Tafelmalerei sind Altarbilder, Andachtsbilder und Beispiele der biblischen Historienmalerei. Zur Ausstattung von Kirchenräumen gehören die Decken- und Wandmalerei, die Mosaikkunst und die Glasmalerei. Die Gattungen der plastischen Bildwerke finden sich als Reliefs (Gewändefiguren, Sarkophag, Türflügel) und Standbilder. Zitiert wird die 1980 erschienene Einheitsübersetzung mit den Apokryphen bzw. deuterokanonischen Schriften des Alten Testaments (z. B. die Bücher Tobit, Judit, Makkabäer; vgl. Übersicht S. 84) und mit ökumenischem Psalter und Neuem Testament. Im Einzelfall wird die revidierte Luther bibel (1985) zitiert. Die v. a. terminologischen Unterschiede zwischen der Einheitsübersetzung (Katholische Bibelanstalt Stuttgart) und der revidierten Lutherbibel ... Leseprobe
Inhalt
Inhaltsverzeichnis Einführung Die Schriften des Alten Testaments Die fünf Bücher des Mose Die Bücher der Geschichte des Volkes Gottes Die Bücher der Lehrweisheiten und die Psalmen Die Bücher der Propheten Die Evangelien Die Apostelgeschichte Die Briefe Die Offenbarung des Johannes Anhang