Beschreibung
Hermann Sudermanns Stück wurde bei seiner Uraufführung 1889 am Berliner Lessingtheater begeistert aufgenommen und hatte auch an anderen Bühnen überwältigenden Erfolg. Der Vierakter zeigt wechselweise proletarisches und herrschaftliches Leben im Hinterhaus bzw. Vorderhaus. Die Verbindung von naturalistischer Milieuschilderung und Situationskomik mündet in einem operettenhaften Finale, das die Käuflichkeit selbst des Ehrbegriffes entlarvt.
Autorenportrait
Hermann Sudermann, 30. 9. 1857 Matzicken (Ostpreußen) - 21. 11. 1928 Berlin. Der Sohn eines Brauereipächters studierte ab 1875 Philologie und Geschichte in Königsberg, wechselte dann 1877 nach Berlin und arbeitete vorübergehend als Redakteur beim liberalen Deutschen Reichsblatt (1881-82) und als Hauslehrer, bis ihm der literarische Erfolg ein Leben als freier Schriftsteller ermöglichte. S. begann mit Erzählprosa und erzielte dann mit seinem ersten Theaterstück Die Ehre (UA 1889) einen sensationellen Erfolg. Es kontrastiert in vier Akten abwechselnd proletarisches Hinterhaus und herrschaftliches Vorderhaus und zeigt, dass 'Ehre' hier wie da käu?ich ist. Trotz äußerlich naturalistischer Milieuschilderungen und sozialkritischer Ansätze, die S.s anfängliche Einschätzung als eines bedeutenden naturalistischen Dramatikers erklären, wird das Stück letztlich von der Tradition der frz. Gesellschafts- und Intrigenkomödie geprägt: Situationskomik, Zufälle, Überraschungen, pointierte Dialoge und Aktschlüsse sorgen für Effekte und Amüsement. Eine ähnliche Thematik behandelt in melodramatischer Form S.s erfolgreichstes und mehrfach ver?lmtes Stück Heimat, das die Rückkehr einer erfolgreichen Opernsängerin in ihr Elternhaus zeigt und - indem analytisch die Vergangenheit aufgehellt wird - die Kon?ikte zwischen Künstler- und Bürgertum und unterschiedlichen Moralvorstellungen aufrollt. Seit Mitte der 90er-Jahre setzte sich S. ausdrücklich vom Naturalismus ab. Trotz der Angriffe der Kritik, auf die S. mit der Schrift Verrohung in der Theaterkritik reagierte, war S. mit seiner umfangreichen Produktion einer der meistgespielten zeitgenössischen Dramatiker. Später wandte sich S. wieder stärker der Erzählprosa zu. In: Reclams Lexikon der deutschsprachigen Autoren. Von Volker Meid. 2., aktual. und erw. Aufl. Stuttgart: Reclam, 2006. (UB 17664.) - © 2001, 2006 Philipp Reclam jun. GmbH & Co., Stuttgart.